Organisationsentwicklung:
Anleitung zum Untergang – reloadad

Bekanntlich ist ja unsere intellektuelle und emotionale Ausrüstung eigentlich für die Steinzeit gemacht und nicht für die heutige komplexe Welt. Zunehmend muss man das auch von vielen Managementmethoden sagen, inklusive der vielen Reflexe, die in Krisenzeiten ausgelöst werden, so zuverlässig wie bei diesem Ding mit dem Hammerschlag auf die Kniesehne. Dabei liest sich das wie eine Anleitung zum organisationalen Selbstmord:

  • Man kapselt sich sofort ab, so ähnlich wie beim Körper, der sich bei einem Schock auf die Versorgung der lebenswichtigen Organe konzentriert. Das kann leider dazu führen, dass die Extremitäten absterben, was auch in Organisationen beobachtbar ist: vor lauter Einigeln verliert man den Kontakt zur Aussenwelt, man verliert die Partner aus dem Blick, die Reaktionsfähigkeit sinkt – nicht das, was man landläufig so empfiehlt für den Umgang mit Komplexität.
  • Entwicklungsprojekten werden Ressourcen entzogen, die verbleibenden Aktivitäten erzeugen kein genügendes Momentum mehr, dafür umso mehr Frustration. Die Vorhaben erlahmen, die Organisation bleibt stehen, und Stillstand ist Rückschritt.
  • Es wird Personal abgebaut, verbunden mit Know-how Verlust und emotionalen Verwerfungen. Um die Zurückgebliebenen kümmert sich niemand. Wenn dann die Baisse vorbei ist, findet sich das Unternehmen mit einer Belegschaft wieder, die unterdotiert und übermüdet ist – keine gute Voraussetzung für Topleistungen.
  • Alle Weiterbildungen werden gestrichen, was effizient den Hahn zudreht für bereichernde Impulse, die Organisation schmort im eigenen Saft, der irgendwann beginnt, ranzig zu riechen.
  • Externe, die in Umbruchsituationen helfen könnten, werden draussen gelassen, weil man grad keine Zeit hat wegen den Umbruchsituationen (im O-Ton so gehört, nicht erfunden).
  • Sparprogramme werden vom Stapel gelassen, die Risikobereitschaft fährt gegen Null, und damit auch die Innovationskraft. Später ist dann der Markt wieder bereit, die Pipeline aber leer. Zu dumm.
  • In der Verzweiflung beginnt man Dinge zu tun, die man eigentlich nicht tun wollte und die den eigenen Werten widersprechen. Das führt zu Kopfschütteln in der Belegschaft und trägt wenig zur Vertrauensbildung bei, intern wie extern.

Das mit dem Knie ist ein sogenannter monosynaptischer Reflex: der läuft nur über eine einzige Synapse. Simpel, zwingend, zuverlässig, und kümmert sich um nichts rundherum, zum Beispiel darum, dass es vielleicht grad keinen Sinn macht, mit dem Bein zu wippen...Im unternehmerischen Kontext ist das fatal: monosynaptisches Management ist nicht das Mittel der Wahl, um es mal so zu sagen.

Verzögerte Wirkungen in komplexen Feldern können dazu führen, dass Organisationen mit den falschen Reflexen sich selbst zu einer Berg- und Talfahrt aufschaukeln wie ein schlecht eingestellter Thermostat, der dauernd überschwingt. Rund um Unternehmen, die dergestalt manisch-depressiv oszillieren, haben sich eine ganze Reihe von spezialisierten Begleitindustrien gebildet (na klar, im freien Markt): Burnout-Kliniken, Outplacement-Unternehmen, Recruiting-Teams, Kommunikationsagenturen, interne Sozialberatung, Temporärbüros usw.. Organisationsentwickung käme billiger...

Die haben alle durchaus eine hohe Daseinsberechtigung, bloss könnten sie auch ganz anders eingesetzt werden. Schlauer. Präventiver. Proaktiver.

Monosynaptisches Management wird aussterben, freiwillig oder unfreiwillig, und eher früher als später. Da gilt es, sich aufzumachen zu zeitgemässeren und weitsichtigeren Formen von Unternehmensführung und Organisationsentwicklung.

Meine Empfehlung: Denken Sie an den Aufschwung, und investieren Sie in ihn. Das zahlt sich aus.

wenn es schiefgeht...zoom