Leadership: Warum es sich lohnt

Es gibt ja wahrlich genügend Gründe, zu resignieren, zu verzweifeln oder pessimistisch in die Zukunft zu schauen, und diese Gründe erhalten laufend Nahrung. So hat kürzlich eine Wissenschaftlerin in einem Zeitungsinterview geschildert, wie eine Firma dazu übergegangen ist, die Boni Anfang Jahr auszuzahlen. Werden die Ziele nicht erreicht, ist der Bonus zurückzuzahlen: Verlustaversion als Motivationsspritze.

Na prima: da wünscht man sich, die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik würden die Dinge in der Wirtschaft in günstige Bahnen lenken, und das erste, was dieser Versicherung einfällt, ist, mit ihrer Hilfe dafür zu sorgen, dass die Bereitschaft, absolut alles für die Zielerreichung zu tun, nochmals gesteigert wird – inklusive der Verstärkung von krimineller Energie und blinder Risikobereitschaft. Nix gelernt.

Aber dann gibt es da auch diese anderen Dinge, bei denen einen die Zuversicht anweht, Beispiele von verantwortungsvoller Leadership, gesammelt aus Medienmeldungen in den letzten Monaten:

Blackrock – ja, sogar die – möchte bei Investitionsentscheidungen Klimarisiken stärker berücksichtigen und macht das immerhin publik und damit beobachtbar. Die UBS möchte Privatinvestoren dazu bewegen, in Vorhaben zu investieren, die die Entwicklungsziele der UNO unterstützen. Offensichtlich beginnt sich das zu lohnen.

Juno möchte Uber verdrängen, indem es so ziemlich genau das Gleiche tut, mit dem Unterscheid, ihre Fahrer anständig zu behandeln, und das ist ihre offizielle Strategie, prominent auf der Startseite ihrer Website positioniert, und ihr Geschäft wächst. Währenddessen verabschiedet sich bei Uber Präsident Jeff Jones schon nach sieben Monaten und kommentiert: „Es ist klar, dass die Überzeugungen und Ansätze, die meine Karriere bestimmt haben, nicht vereinbar sind mit dem, was ich bei Uber gesehen und erlebt habe.“ (NZZ online vom 20.3.17). Integer und konsequent – für den würde ich arbeiten.

Jack Palmisano, legendärer ehemaliger IBM-Chef, zur Frage, wie man 400'000 Leute führt: „...wir hatten stets einen riesigen Talentpool. Aber jenseits dieser Führungsinstrumente habe ich auf Persönlichkeit gesetzt“ (Handelszeitung vom 15.12.2016). Schön, wenn man mit dieser Haltung nicht alleine ist.

Die Containerschiff-Reederei Maersk hat den jährlichen CO2-Ausstoss ihrer Schiffsflotte um 11 Millionen Tonnen verringert. Kommentar des Chefs, neben dem willkommenen Spareffekt: „Wir sind der Ansicht, dass ein umweltfreundlicherer Betrieb uns Wettbewerbsvorteile schafft.“

Kerry Kennedy nutzt ihren grossen Namen, um Investoren vorzurechnen, dass ihr Risiko steigt, wenn sie in Unternehmen investieren, die systematisch Menschenrechte verletzen.

Mathias Schüz, Professor für Responsible Leadership an der ZHAW, plädiert für die Entwicklung von emotionaler und spiritueller Intelligenz von Führungskräften. Dieses Thema ist also zumindest schon in Forschung und Lehre angekommen, und ich behaupte, der Umsetzungsdruck wird steigen. Gut so.

Google lässt zu, dass Firmenwerbung neben Neonazi-Videos platziert wird. Swiss Life, Baer, Nestle, Electrolux und Ikea ziehen die Konsequenzen und stoppen ihre Werbeaufträge auf den betreffenden Kanälen. Über 250 Unternehmen weltweit tun es ihnen gleich, und Havas, eine der grössten Agenturen der Welt, sistiert die Google-Werbung ihrer Kunden (SRF news online, 23.3.17). Und siehe, Google bewegt sich.

Da blitzt also schon heute eine mögliche Zukunft auf, in der nur noch Unternehmen und Führungskräfte Erfolg haben werden, die Integrität und verantwortungvolles Handeln vor Profit stellen. Und deshalb lohnt es sich, daran zu arbeiten, dass alles gut herauskommt, dort, wo man kann. Ich werde nichts daran ändern.

Das beste Mittel gegen Zynismus trägt man in sich. Mir gefällt diese Vorstellung, und Ihnen?

alles wird gutzoom