Die Zeit der Einzelkämpfer ist definitiv vorbei, Teamwork ist gefragt, da sind sich alle einig. Unternehmen schenken der Teamentwicklung entsprechende Aufmerksamkeit. Dabei erfreuen sich nach wie vor erlebnisorientierte Outdoor-Angebote grosser Beliebtheit, bei denen es meist darum geht, sich unter Strapazen gegen widrige Umstände zu behaupten: Überleben im Regenwald ohne Dosenöffner, einen reissenden Fluss im selbstgebauten Floss überqueren und Ähnliches.
Die Sache ist nun leider die, dass das ein Modell aus der Steinzeit ist: wir gegen die böse Natur, gegen wilde Tiere oder gegen den Rest der Welt. Klar wird ein Team so zusammengeschweisst – und lernt vor allem, für sich selbst zu schauen. War durchaus sinnvoll in der Kreidezeit...
Wenn Sie Glück haben, kann das Team diese Lektion gar nicht transferieren aus dem Dschungelkontext, dessen Distanz zum Alltagssetting kaum grösser sein könnte. Eine Gruppe definiert sich psychologisch wesentlich durch seine Abgrenzung nach aussen: „Wir“ und „die anderen“. Je grösser der interne Zusammenhalt, umso klarer werden diese Grenzen gezogen. Wenn Sie Pech haben, erscheinen Ihre Kollegen am Montag nach dem Teambuilding-Event in einer mentalen Indiana Jones Montur im Büro, und Sie fühlen sich plötzlich seltsam alleine: „Die waren beim Riverraften, und seither wollen sie mit niemandem mehr was zu tun haben.“ Und bevor Sie sich’s versehen, besteht Ihre Organisation aus einer Ansammlung von koexistierenden Selbsterfahrungsgruppen.
Viele Teamentwicklungsmassnahmen haben einen fundamentalen Konstruktionsfehler: sie beachten ausschliesslich die interne Entwicklung des Teams, nicht aber dessen Fähigkeit, mit anderen Teams und anderen Teilen der Organisation zusammenzuarbeiten. Da würde aber die Musik wirklich spielen.
Nichts gegen Teambuilding, aber ich empfehle dringend, neben der Frage, wie das Team in sich funktioniert, mindestens ebenso intensiv die Frage zu behandeln, wie dieses Team seine Aussenbeziehungen gestaltet und wie es sich austauscht mit seiner Umwelt. Punkto Organisationsentwicklung kommt das einiges besser.
Vielleicht werden Teams in Zukunft sogar transzendiert. Denn eine Gruppe durchläuft mit jeder Person, die neu dazukommt, das komplette gruppendynamische Programm: Machtkampf, Nähe-Distanz, Auseinan-dersetzung mit Autorität usw. Manche Organisationen sind aber so volatil, dass Teams gar nie in die Nähe von reiferen Gruppenphasen kommen. Entsprechend tief ist ihre Performance. Das geht gut, solange die Konkurrenz auch nicht stabiler ist, richtig prickelnd ist das aber nicht.
Ein Ausweg könnte sein, in Zukunft grösser zu denken, in Richtung einer Organisation, der sich alle auf einer Ebene von emotionalem Commitment angehörig fühlen, mit einer Kultur der Zusammenarbeit, die sich über die ganze Organisation erstreckt. Teams wären dann nur noch Ballungszentren der Zusammenarbeit, und zwar mit dem Unterschied, der in den englischen Begriffen „cooperation“ und „collaboration“ ausgedrückt wird: bei Letzterem werden gemeinsame Ziele verfolgt...
Für Massnahmen der Organisationsentwicklung würde das heissen, die Eigenständigkeit von Teams genügend zu fördern, um ein regionales Heimatgefühl zu entwickeln (das Bedürfnis danach haben wir seit der Steinzeit nun mal nicht verloren), und wenig genug, damit die Hürden zur Zusammenarbeit mit anderen Teilen der Organisation tief bleiben.
Voraussetzung dafür ist die Förderung der individuellen Fähigkeit und des Mindsets zu kooperativem Verhalten – das dann, getragen durch eine sinnstiftende Unternehmensführung, zu wahrer Zusammenarbeit wird. Und dann, kann ich Ihnen sagen, geht die Post ab.