Leadership: Manager sind gute Menschen

Manager haben’s nicht leicht, und müssen für manche Zuschreibung herhalten: als Projektionsfläche, als personifizierte Wurzeln des Übels, als Sündenböcke, und so weiter.

Und selbst wenn sie punkto Leistungsfähigkeit, Intelligenz, Tatkraft, und was weiter noch so als Eigenschaft von erfolgreichen Managern gilt, weit über dem Durchschnitt sein mögen, sie sind Menschen wie Sie und ich, und als solche schlagen sie sich individuell mit den gleichen allgemeinmenschlichen Themen und Lebensfragen herum wie Sie und ich auch.

Und da wiederum läuft es letztlich immer wieder auf die gleichen „Grundnahrungsmittel“ hinaus, auf die jeder Mensch angewiesen ist und nach denen er dürstet und hungert, wenn sie ausbleiben: Zuneigung, Anerkennung, Wertschätzung, Bestätigung – letztlich alles Formen der Liebe.

Haben Sie weitergelesen? Vielen Dank. Das L-Wort ist in der Managementwelt ja, gelinde gesagt, nicht besonders „anschlussfähig“, wie es die Berater nennen. Meist lässt es die Leute zur nächsten Türe rennen – und ich glaube, das ist ein Fehler.

Das Managerleben neigt dazu, einseitig zu sein, zu Gunsten der Leistungsaspekte, und zu Lasten der oben genannten Grundnahrungsmittel. Und hier liegt eine der vielen strukturellen Gefahren: Denn was ist eine schlaue Reaktion, wenn ich mein Grundnahrungsmittel nicht kriege? Ich schaue halt, was ich sonst so zum Essen finde. Jeder würde das tun, oder?
Manchmal bleibt da nichts übrig ausser Macht und Geld. Und wer davon einmal abhängig ist,  wird  damit verführbar oder gar süchtig danach.

Soll man das den betreffenden Managern nun zum Vorwurf machen?

Ich finde, dass das allein zu kurz greift. Vielmehr gilt es, den systemischen Faktoren Rechnung zu tragen, die solche Entwicklungen teilweise fast zwingend herbeiführen. Es gilt, darüber nachzudenken, wie Organisationen und die Alltagswelt von Führungskräften gestaltet werden können, so dass die oben beschriebene Verführbarkeit oder gar Sucht möglichst wenig begünstigt wird. In dieser Hinsicht sind zum Beispiel horrende Gehälter systemischer Unsinn: einem Alkoholiker würden Sie ja auch keinen Zwölferkarton Bordeaux hinstellen, oder? Klar gibt es andere Faktoren: der Markt...ich behaupte ja nicht es sei einfach.

Trotzdem lohnt es sich für Unternehmen, die Frage zu stellen: „Wie verhindern wir, dass unsere Führungskräfte von ihrem eigenen Job korrumpiert werden?“ Denn das Risiko für Unternehmen ist enorm: wenn Sie eine verführbare oder süchtige Person an der Spitze einer Firma haben, dann geschieht, was bei jeder Sucht geschieht: das Denken verarmt, die Aufmerksamkeit liegt praktisch nur noch beim Suchtmittel, die Bereitschaft, Regeln zu brechen um sich seinen Stoff zu besorgen, steigt...kommt einem bekannt vor vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen um Abzocker und Co., oder?

Es liegt mir fern, eine Generalamnestie für fehlbare Führungskräfte abzuleiten; sie haben die Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen, denn letzlich ist jede Handlung eine persönliche Antwort auf die Herausforderungen, die an einen herantreten.

Wenn Sie sich in eine Führungsposition begeben, egal auf welcher Stufe, tun Sie gut daran, systemisches Know-how zu erwerben, um ein Bewusstsein für die strukturellen Fallen Ihres Jobs zu entwickeln, und auf sie achtzugeben.
Und ich empfehle, dass Sie als Prävention für Verführbarkeit und Sucht ein möglichst reiches, vollständiges Leben führen, in dem Dinge wie emotionale Bindung, Liebe, Verbundenheit, Spiritualität, Sinn und Kunst dauerhaft Platz haben. Leadership Coaching und Beratung können zusätzlich helfen. Sie sollten Ihre emotionale Berührbarkeit pflegen - die übrigens eine Hilfe und kein Risiko ist im Umgang mit Stress, aber davon ein andermal mehr.

Organisationen, die dies ihren Führungskräften ermöglichen, werden es nicht bereuen, davon bin ich überzeugt. Aus dieser Überzeugung heraus bin ich Berater und Coach geworden, weil ich glaube dass es sich lohnt, Organisationen und Führungskräfte in solchen Themen zu unterstützen, und weil ich glaube, dass nur die Kombination von systemischen und individuell psychologischen Herangehensweisen Erfolg haben wird – aber auch davon ein andermal mehr.

Manager sind gute Menschen. Wie Sie und ich.

see mezoom